Traversen – Die Streben sind tabu! Oder doch nicht?

Ist eine Last an der Strebe erlaubt?

Eine Lieblingsdiskussion im Deutschsprachigen Raum, um die Grenzen zwischen „Profi“ und „Amateur“ abzustecken, ist die Frage, ob es zulässig sei, an den Streben einer Traverse Lasten, wie z.B. Scheinwerfer anzubringen, oder nicht?

Warum sind Kabel auf den Streben OK, Lampen aber anscheinend nicht?

Es klingt vernünftig, an Streben einer Traverse keine Lasten zu montieren. Die meisten Traversenhersteller stoßen schon allein aus reinem Selbstschutz ins gleiche Horn, wollen sie ja für Fehlanwendung durch den Anwender Ihrer Produkte nicht in Regress genommen werden. Im Prinzip könnte man an dieser Stelle aufhören nachzudenken und sich damit abfinden, dass man an den Streben einer Traverse keine Lasten einbringen darf. Nur beginnt bei kleinlicher Betrachtung die Inkonsequenz genau in dem Moment, an dem man anfängt Kabel auf die horizontalen Streben einer Traverse zu legen. Also etwas, was alle wie selbstverständlich tun. Von Klettern in Traversen noch gar nicht gesprochen. Lohnt es sich also nicht vielleicht doch, die Sache mal genauer anzuschauen?

Vom Statiker freigegebene Lasten an den Streben einer Traverse

Wie so oft, lässt sich keine einfache und pauschale Antwort auf die Frage geben, denn sie hängt auch vom verwendeten Traversensystem ab. Um es direkt vorweg zu nehmen und damit abzuhaken: Bei wirklich großen Traversen werden öfter Lasten an den Streben angeschlagen, wenn dies in der Statik der Konstruktion freigegeben ist. Und damit sind wir bei einem wichtigen Punkt: Das Anschlagen einer bestimmten Last an einer bestimmten Strebe ist von jemanden schriftlich freigegeben worden, der das aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung beurteilen kann und darf: Der Tragwerksplaner!

Typische Traverse, belastet

Bleiben wir der Einfachheit halber bei einer gewöhnlichen und weit verbreiteten 30er 4-Punkttraverse. 48-50mm Gurtrohr, 16-20mm Strebenfachwerk horizontal und vertikal, drinnen aufgehängt. Schaut man sich den dargestellten Träger an, lassen sich die Streben in ein horizontales und vertikales Fachwerk aufteilen. Da es drinnen nur eine Lastrichtung gibt, nämlich durch die Schwerkraft bestimmt, liegt es nahe, dass die vertikalen Streben belastet werden und die horizontalen Streben nicht. Die Belastung der vertikalen Streben ist in der Mitte am geringsten und am Rand am höchsten, soviel nebenbei. Aber sie ist in jeder Strebe anders.

Was passiert nun, wenn ich an einer beliebigen Strebe einen 5kg-Scheinwerfer anbringe? Neben der Belastung, die bereits allein aufgrund der Gesamtlast der Traverse in einer Strebe existiert, kommt nun noch eine zusätzliche Biegebelastung durch den Scheinwerfer an der Strebe hinzu.

Lage der Fachwerkebenen in einer Traverse

Genauso führen die aufgelegten Kabel zu einer zusätzlichen Biegebelastung in der Strebe. Wie angemerkt sind die horizontalen Streben unserer Traverse bisher gering belastet. Wir haben also ausreichend Belastungsreserven, um die Kabel aufzulegen. Bei unserer 30er-Traverse sind Kabellasten von ein paar Kilogramm pro Meter absolut unkritisch. Darum wäre es auch aus statischer Sicht möglich, an die unteren horizontalen Streben unseren Scheinwerfer anzubringen. Bei den vertikalen Streben ist die Sache unübersichtlicher, da die bereits vorhandene Belastung die Belastungsreserven reduziert, welche damit in jeder Strebe anders sind. Es gibt also Streben, an denen ich den Scheinwerfer aufhängen kann und an anderen sicher nicht.

Zusammengefasst

Es ist für den Anwender schwer erkennbar, wie viel Gewicht an einer Strebe sicher zu montieren ist. Aufgelegte Kabel sind aber in der Regel kein Problem. Die Belastungstabellen der Traversen sind auf maximale Gesamtlasten optimiert. Würde man hier noch berücksichtigen wollen, wie viel kg Gewicht man an den Streben anbringen kann, würde dies das Zahlenwerk sprengen und vielen Anwendern nicht mehr helfen. Aber auf einfache praktische Lösungen kommt es an, um nicht bei jeder Lampe einen Statiker fragen zu müssen. Und genau das ist der Grund, warum es als gute Praxis gilt, keine Lasten in den Streben aufzuhängen.

Sollte es aus szenischen Gründen einmal anderes sein, helfen wir gerne weiter.

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